Das 4+3 Doug-Nash-Getriebe der Corvette C4 (1984 – 1989) funktioniert, gute Wartung vorausgesetzt, grundsätzlich einwandfrei.
Wie jedoch auch Paul Cangialosi in seinen Videos erklärt, hat das Getriebe ein paar Schwachstellen und eigentlich hätte seitens von GM damals ein Rückruf erfolgen sollen. Der Konzern tat dies nicht und beauftragte Cangialosi mit der Überholung von reklamierten Getrieben. Cangialosi reparierte daraufhin mehrere hundert dieser Getriebe und verbaute stärkere, bzw. modifizierte Teile. Die betraf jedoch hauptsächlich den sog. Overdrive, welcher an das manuelle Getriebe angeschraubt ist.
Beim Kauf oder dem Betrieb einer Corvette C4 sollte deshalb immer auf das Getriebe geachtet werden. Schaltet der Overdrive einwandfrei, ölt das Getriebe und wo ölt das Getriebe. Je nach Fahrleistung sollte das Getriebeöl zudem regelmäßig gewechselt werden. Der Aufwand ist gering.
Nun zum eigentlichen Problem:
Was Paul jedoch nicht erwähnt und was fast alle Doug-Nash-Getriebe betrifft ist ein konstruktonsbedingter Fehler, der auf kurz oder lang zu einem Haarriss in der Adapterplatte zwischen 4-Gang-Getriebe (Super T10) und Overdrive-Einheit führt. Die Adapterplatte verbindet das manuelle Getriebe mit dem Overdrive. Die Adapterplatte beinhaltet den Rückwärtsgang und ist um einiges dicker, als die Adapterplatte eines normalen Super T10 Getriebes.
Der Riss entsteht meist im Bereich der unteren, in Fahrtrichtung vorderen, Schraube an der Adapterplatte. Die Folge ist ständiger Getriebeölverlust. Aufgrund der Lage sammelt sich das Öl meist oberhalb der Hydraulikölwanne des Overdrives und spritzt dann während der Fahrt auf die Rohre der Abgasanlage, wo es verbrennt. Der Geruch von verbranntem Hydrauliköl ist wirklich übel. In unserem Fall war es eher Zufall, dass wir den Haariss entdeckten, da die Schraube ringsum ölverschmiert war und das Öl selbst sich auf der Overdriveölwanne sammelt, bevor es abfließt. Zudem wurde dieses Problem auch in keinen (US-)Forum und auf keiner Webseite thematisiert.
Wer keinen Wert auf die Umwelt legt, einen abgehärteten Geruchsinn hat, ständig eine Ölwanne bei sich hat und extrem gute Verbindungen zu einem HU-Prüfer pflegt, kann das Problem mit 4wöchigem Nachfüllen von bis zu 400 ml Getriebeöl beheben. Aber mal ehrlich, eine Dauerlösung ist das nicht.
Vorsicht:
Wer den Haariss nicht sofort erkennt ist geneigt, die Schraube einfach etwas fester anzuziehen und verschlimmert den Riss damit. Auch an unserem Modell wollte wohl ein US-Schrauber das Problem mit einem höheren Anzugsmoment beheben. Auch wir haben zunächst die Schraube entfernt und mit Locktite-Dichungsmittel versehen. Das bringt alles nichts.
Ausserdem stellte sich uns die Frage, warum hier Getriebeöl an der Dichtung vorbei austritt.
Auf Suche nach einer Lösung:
Natürlich hat uns die Reparatur des Getriebes in Eigenregie abgeschreckt. Wir hatten weder Erfahrung in Aus-und /Einbau eines Getriebes noch in der Reparatur eines solchen. Wir waren damals auch noch der Meinung, dass wir die Adapterplatte tauschen müssten (was aber, wie sich später herausstellte, überhaupt nicht notwendig ist).
Also begaben wir uns auf die Suche nach einer Werkstatt. Nach zahlreichen Telefonaten, vor allem mit US-Car-Werkstätten, stießen wir überall auf Ablehnung. Sobald das Wort Overdrive fiel, lehnten alle eine Reparatur ab. Die meisten wussten nicht einmal was ein Doug-Nash-Getriebe ist. Also entschlossen wir uns Kontakt mit einem der größten US-Car-Händler in München G*****cars aufzunehmen. Die Anwort auf unsere Anfrage war einfach unglaublich!
Wir wollten wissen, ob G*****cars in der Lage wäre, die Adapterplatte auszutauschen. Hierauf stellte die G*****cars fest, dass eine solche Adapterplatte nicht mehr gebaut werde. Wir bestätigen diese Feststellung und erklärten, dass wir eine gebrauchte und sehr gut erhaltene Platte hätten. Hierauf wurde uns erklärt, dass G*****cars nur Neuteile verbaut. Es wurde uns ein neues Getriebe für 16000.- Euro angeboten!
An dieser Stelle muss ich mir einen weitere Kommentar verkneifen. Unsere wirklich gut erhaltene Corvette mit gerade mal 31tsd Meilen hat nur einen Bruchteil davon gekostet. (verkneif, verkneif, verkneif).
Also mussten wir wohl doch irgendwie selbst ran an.
Die Reparatur des Getriebes:
Zum damaligen Zeitpunkt waren wir den Meinung, die defekte Adapterplatte tauschen oder zumindest schweißen zu müssen. Vom Schweißen wurde uns jedoch abgeraten. Eine gebrauchte Adapterplatte konnten wir im Internet ersteigern. Bei der Suche nach Tipps zur Getriebereparatur stieß ich nach tagelanger Recherche auf die Videos von Paul Cangialosi auf Youtube.
Paul zerlegt hier unter anderem ein Super T10-Getriebe und baut es wieder zusammen. Auch zerlegt und überholt er den Overdrive eines Doug-Nash-Getriebes. Da beim Tausch der Adapterplatte auch der Rückwärtsgang ausgebaut werden muss und Paul im Video ein Super-T10 und kein Doug-Nash zerlegt, war mir die Vorgehensweise nicht ganz klar. Also schrieb ich ihn an und er erklärte mir, es handle sich bei dem Riss um ein „Common Issue“, als ein bekanntes Problem.
Allerdings schrieb er, dass der Ausbau bzw. der Tausch der Platte nicht nötig sei. Es müsse nur das Gewinde einer Schraube im Inneren der Adapterplatte mit Silikon gefüllt werden. Der Haariss verläuft in der Regel in der Adapterplatte von diesem Gewinde bis zur äußeren Schraube und ermöglich es dem Öl an der Dichtung vorbei zu laufen. Hört sich komisch an, aber in den folgenden Bildern sieht man, was gemeint ist.
Also haben wir im Bekanntenkreis einen Schrauber aufgetrieben, der sich in der Lage sah, zumindest das Getriebe auszubauen. Und für einen erfahrenen Schrauber ist das wirklich kein Hexenwerk. Auto auf Bühne, Abgasanlage abmontieren, alle Verbindungen des Getriebes abhängen, Aufhängung des Getriebes,bzw. der Antriebswelle abschrauben, Kreuzgelenke entfernen (müssen ersetzt werden) und das Getriebe mitsamt und Antriebswelle rausnehmen.
Tipp: Der Schaltebel und das Schaltgestänge muss nicht ausgebaut werden. Einfach nur am Getriebe aushängen. Ebenso wie Hydraulik der Kupplung.
Hinweis: Am Overdrive müssen zwei Alu-Hydraulikleitungen abgeschraubt werden, da das Öl des Overdrive zum Kühler und zurück geführt wird. Entgegen der Meinung von Paul geht das Abschrauben mit etwas Vorsicht auch, ohne das die Anschlüsse reißen.
Hier das ausgebaute Getriebe:
Als nächstes muss man das 4-Gang-Getriebe vom Overdrive trennen. Hierzu einfach die Schrauben der Adapterplatte trennen.
Also raus mit der schwarzen Schraube, das Gewinde gut säubern und mit Bremsenreiniger entfetten. Dann nach dem Trocknen das Gewinde der schwarzen Schraube mit temperaturbeständigem Silikon einschmieren und wieder einschrauben. Hierbei das Drehmoment beachten. Anschließend den Schraubenkopf ebenfalls ebenfalls mit Silikon abdichten.
Das sieht dann letztlich in etwa so aus:
Neue Dichtung zwischen manuellem Getriebe und Overdrive einsetzen.
Ich habe aus einem stärkeren Dichtungspapiert die Dichtung selber gemacht. Da ich ja eine gebrauchte Adapterplatte hatte, konnte ich die Dichtung abzeichnen und ausschneiden. Die Dichtung wurden sicherheitshalber noch mit Dichtungsmasse (blau) bestrichen.
So jetzt kann der Overdrive wieder angeschraubt werden. Auch hier natürlich die Drehmomente beachten. Die mit Silikon abgedichtete Schraube verschwindet unter dem Dichtpapier.
Jetzt kann das Getriebe wieder eingebaut werden.
Als Tipp: Die „Schiene“ (hier als Driveline (1) bezeichnet) nicht zuerst einbauen, weil ansonsten das Getriebe mit der Antriebswelle wegen ein paar Millimeter nicht passt. Wir haben diesen Fehler gemacht und mussten das Getriebe und die Antriebwelle mit etwas „Gewalt“ einbauen.
Wer schon das Getriebe ausbaut sollte dabei doch auch gleich die Kupplung samt Schwungrad ersetzen. Der Mehraufwand hält sich in Grenzen.
Außerdem mussten wir später nicht einmal die Kupplung entlüften.
Vor dem Entlüften der Kupplung hatte ich aufgrund zahlreicher Probleme in den Foren etwas Angst. Es blieb uns aber erspart.
Einfach das Getriebe wieder einhängen, alle Schaltgestänge sowie Elektrik und Hydraulik wieder anschrauben, frisches Getriebeöl einfüllen und fertig.
Hinweis: Beim Tausch der beiden Kreuzgelenkte mussten wir die alten mit der Flex trennen. Anders ließen sie sich nicht ausbauen. Weder Temperatur noch Presse konnte uns helfen.
Tipp: Nach dem Füllen des Getriebes sollte es warm gefahren werden, dann nochmals Ölstand prüfen und nachfüllen. Durch die Fahrt werden die leeren Hydraulik-Rohre zur Kühlung wieder gefüllt. Bei uns blieb das Öl im Kühler wohl erhalten und lief nicht vollständig aus.
Das Befüllen des Getriebes bzw. der Tausch des Getriebeöls ist relativ einfach:
Erst die Einlasschraube am Getriebe öffnen. Lässt sich diese öffnen kann die Ablasschraube unten geöffnet und das Öl abgelassen werden. Dann wieder verschließen und oben Öl einfüllen, bis es herausläuft. Hierbei das Fahrzeug wenn möglich eben abstellen. Die obere Öleinfüllschraube ist also der sog. Optimalstand des Getriebeöls. Dasselbe gilt im übrigen auch für das Hydrauliköl des Overdrive. Allerdings muss hier die Ölwanne zum Ablassen abgeschraubt und ein Filter ersetzt werden. Hierzu gibt es aber einen separten Beitrag.